Leseprobe:
Wir haben noch nicht darüber gesprochen, wie alles werden wird. Gregor arbeitet täglich bis spät in den Abend, will sich bewähren, da macht es auch keinen Unterschied, dass ich auf ihn warte, das musst du verstehen, auch das sagte er mir an meinem Ankunftstag. Alles hängt mit den Worten zusammen, die jetzt gesagt werden und die früher gesagt wurden. Manchmal, wenn ich abends neben ihm im Bett liege, fürchte ich, das Alte mit hierher gebracht zu haben, spüre, wie es sich zu Gregors Altem fügen könnte, spüre nach, ob sich von ferne die Redundanzen in unseren Gesprächen ankündigen, das Empfinden von Erschöpftheit, das uns im letzten Jahr zu Hause manchmal aufbrausen ließ. Und doch gibt es Momente, in denen eine schwerelose Stille zwischen uns herrscht, ein Atemanhalten, damit der Augenblick nicht vorübergeht, so, wie am Abend zuvor, als ich einen Film schaute und Gregor wortlos zur Wohnungstür hereinkam, seine Schuhe auszog und sich, noch im Mantel, noch wortlos, auf das Sofa legte, seinen Kopf in meinen Schoß bettete und ich seine dicken Locken um meinen Finger wickelte, seine dunklen Locken, die noch ganz kalt waren von der Winterluft. Ich wärmte seine Haare mit meinen Händen, doch als ich unter seinen Mantel fuhr und seine Schulter berührte, die sich plötzlich zerbrechlich anfühlte wie die Schulter eines großen Kindes, war der Moment vorüber, und Gregor stand auf, während vor mir, vor meinen Augen, die ich die ganze Zeit nicht vom Film abwandte, Doris Day und Cary Grant in That Touch of Mink lächelnd über das funkelnde nächtliche Manhattan schauten.
Es gibt ein Versprechen, abgegeben viele Jahre zuvor: Wer als Erster in der großen Stadt Fuß fasst, zieht den anderen nach. Nun ist sie ihrem Freund über den Ozean gefolgt, erst einmal auf Probe in die ferne Metropole. Was als Neuanfang gedacht war, stellt sich aber als der Beginn eines Abschieds heraus. Da sind Gregors Überstunden und die abendliche Beklommenheit, wenn beide in der Dunkelheit nebeneinanderliegen. Und die Katze im Innenhof, die er füttert, wenn er sich unbeobachtet fühlt. Getrieben von ihrer Sehnsucht nach vertrautem Terrain, wandert die Erzählerin tagsüber durch die winterlichen Straßen, auf der Suche nach den Indizien der Liebe und der früheren Intimität. Aber alles bleibt fremd, nichts kann mehr zugeordnet werden. Es ist ein Atemanhalten, eine Stimmung zerbrechlich wie Glas.
Mit pointierter, klarer Sprache erschafft Britta Boerdner eine Gefühlswelt von hoher Authentizität, einen melancholischen Mikrokosmos innerhalb einer Weltstadt, in dessen Starre sich schon der Aufbruch ankündigt, und schildert in eindrücklichen Bildern den Moment, in dem eine Liebesbeziehung schweigend – im Verborgenen – zu Ende geht.
"Wie Britta Boerdner in Was verborgen bleibt beschreibt, wie es sich anfühlt, wenn man eine Liebe verliert, ist Kunst." BUCHMARKT
"Die namenlose Ich-Erzählerin ist wie im Selbstgespräch, als würde sie sich zureden, mit sich aushandeln und verwundert, teils auch heiter, die Redewendungen der anderen, der Männer, der Kollegen, der Familie bestaunen, sie ungläubig weglegen und doch von ihnen bestimmt werden. (…) Es gibt keinen schiefen Satz in der Komposition." FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
"Britta Boerdner gelingt es, ihre präzise Sprachführung pointiert anzureichern. Es ist immer authentisch, wie ihre Vergleiche und Bilder sitzen und passen, und dies gibt der Story einen eigenen Blues. (…) Britta Boerdner hat einen Erstlingsroman abgeliefert, an den man sich gerne und lange erinnern wird." LEIPZIG ALMANACH
"Gelungenes Debüt: Mit präziser Sprache, atmosphärisch dicht und emotional feinfühlig, seziert Britta Boerdner das Ende einer Liebe." MADAME
"Was verborgen bleibt ist ein leiser, melancholischer, elegant geschriebener Herbstroman mit New York als Hauptfigur." RBB RADIO FRITZ
"Britta Boerdner ist mit ihrem ersten Roman ein einfühlsames, leises Buch mit stimmigen Bildern um das langsame Verlöschen einer Liebe gelungen." FOCUS online